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Obdachlosigkeit beenden – Wohnungsnot beseitigen

Köln braucht eine wohnpolitische Zeitenwende

Wer mit offenen Augen durch Köln läuft, hat es in den vergangenen Jahren sehen können, wie stark die Obdachlosigkeit in dieser Stadt angewachsen ist – und das nicht nur in der Innenstadt. Auch in den angrenzenden Veedeln sieht man immer mehr Menschen, die auf der Straße ihr hartes Leben bestreiten müssen. Offiziell schätzt die Stadtverwaltung die Zahl der Obdachlosen in Köln auf etwa 300 (Stand Mitte 2022). Kenner*innen der Szene gehen von mindestens 1.000 Frauen und Männern aus, die in Köln „Platte machen“ müssen.

Und das ist nur die traurige Spitze des Eisbergs. 8170 Menschen sind laut der Statistik vom 10.09.2022 in Köln wohnungslos. Zu den Wohnungslosen zählen Menschen in Unterbringungen der Stadt, bei freien Trägern oder auch Menschen, die aktuell keine Wohnung haben und bei Freunden unterkommen. Köln nimmt damit mit großem Abstand den Spitzenplatz in NRW ein. Und auch hier liegt die Dunkelziffer viel höher.

Das ist im traurigen Sinn des Wortes ein Beleg oder Zeugnis für die Armut dieser betroffenen Menschen, aber vor allem ist es ein Armutszeugnis der politischen Mehrheit im Rat: Nämlich fehlendes politisches Handeln, die Lage dieser Menschen nachhaltig und konsequent zu verbessern!

Die offenen Herzen vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt können die Situation nicht entscheidend verbessern oder die Wohnungsnot beseitigen. Sie können mit vorbildlichem bürgerschaftlichem Engagement nur akute Not lindern. Nächstenliebe ist wichtig, aber reicht nicht im Kampf gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit. Die Stadt steht in der politischen Pflicht und Verantwortung, die dramatisch wachsende Not zu beenden. Denn es bedarf eines Paradigmenwechsels, der heute unter der Überschrift „Housing first“ zusammengefasst wird, aber in den 70er Jahren schon von der Stadtverwaltung erfolgreich geleistet wurde. Wir müssen uns in Köln nur wieder auf unsere früheren Erfolge und soziale Kompetenz besinnen.

Unsere Stadt braucht endlich ein wirksames Handlungskonzept statt immer neuer warmer Worte oder "Notkonzeptchen". Es ist eine sozialpolitische Bankrotterklärung, das Ziel auszugeben, die Obdachlosigkeit in Köln bis 2030 abschaffen zu wollen, aber kaum Maßnahmen zu ergreifen.

Aber die politische Tatenlosigkeit hat sich längst zum Skandal ausgewachsen. Denn Jahr für Jahr verfehlt die Stadt das selbstgesetzte Ziel von mehr bezahlbarem Wohnraum. Die wohnungspolitische Bilanz des vergangenen Jahrzehnts ist eine riesige Enttäuschung!

Dabei ist eine Wohnung, die Menschen Geborgenheit und Entfaltungsmöglichkeit bietet, eine Grundvoraussetzung menschenwürdigen Lebens in sozialer Sicherheit. Deshalb müssen sich alle, die politische Verantwortung ernst nehmen, konsequent für den Anspruch auf eine nach Lage, Größe, Ausstattung und Preis angemessene Wohnung als soziales Grundrecht einsetzen.

Doch die Krise verschärft sich immer weiter. Bei den sogenannten Sozialwohnungen droht in den kommenden Jahren ein dramatischer Absturz in Köln. In den nächsten 5 Jahren verlieren rund 10.300 Wohnungen die Bindung an eine vergleichsweise geringe Miete und gehen auf den freien Markt. Damit setzt sich der bodenlose Fall bei den öffentlich geförderten Wohnungen in Köln unvermindert fort: 1990 gab es in der Domstadt noch mehr als 105.000 Wohnungen für Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein. 2021 lag die Zahl schon unter 38.000 und 2027 werden es dann nur noch gut 27.000 Wohnungen sein. Das politische Versagen ist aber deshalb so groß, weil zugleich in Köln fast jede/r zweite Bewohner*in wegen des geringen Einkommens ein Anrecht auf Wohnungen dieser Art haben. „In Köln zu leben wird für Menschen mit geringem Einkommen immer schwieriger“, ist die bittere Bilanz von Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Mietervereins (Kölner Stadt-Anzeiger vom 23. Januar 2023).

Zwei Wege führen aus dieser Negativspirale: Zum einen kann die Stadt für die Eigentümer*innen Anreize schaffen, Vereinbarungen über die Verlängerung von Mietpreisbindungen abzuschließen, indem sie Zuschüsse für Sanierungen und Modernisierungen gibt. Zum zweiten muss der soziale Wohnungsbau auch in Köln wieder massiv angekurbelt werden. Vor allem regionale Wohnungsbaugesellschaften und gemeinwohlorientierte Genossenschaften müssen wieder als Partner zurückgewonnen werden, für die Stadt Sozialwohnungen zu bauen. Privaten Immobilieninvestoren müssen hierbei knallharte Vorgaben gemacht werden.

Wichtig bei der Schaffung von Wahnraum. Die ökologische darf nicht gegen die soziale Frage ausgespielt werden. Denn die Ziele „Wohnungen bauen“ und „Klima schützen“ sind überhaupt kein Widerspruch. Mit dieser Politik gegen die Menschen in dieser Stadt muss Schluss sein.

Ich unterstütze den Ansatz der Bundesregierung, mit einem breiten Bündnis für bezahlbares Wohnen ausreichend bezahlbaren, klimaneutralen und barrierearmen Wohnraum zu schaffen; prioritär durch die Umnutzung und Weiterentwicklung von Bestandsimmobilien und -flächen. Der Bund fördert allein die soziale Wohnraumförderung mit 14,5 Milliarden Euro bis 2026. Da die Bundesmittel über die Bundesländer verteilt werden, muss die Stadt in Düsseldorf Druck machen, damit Köln von diesem Kuchen ein ordentliches Stück abbekommt. Das ist Aufgabe und Verpflichtung für Rat und Verwaltung.

Wir brauchen in Köln ein neues Bündnis für "Wohnen für Köln" - eine starke Stimme über Partei-, Institutions- und Interessensgrenzen hinweg, die bis 2030 Obdachlosigkeit wirklich abschafft, Wohnungslosigkeit beseitigt und ausreichenden preiswerten Wohnraum für die breite Bevölkerung schafft. Denn in der Domstadt sollen in Zukunft nicht nur die wohnen, die es sich leisten können. Bezahlbares Wohnen muss Grundrecht bleiben – auch in Köln!

Wir brauchen:

  • Mit Geld von Bund und Land wollen wir in Köln mindestens 750 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren für bezahlbares Wohnen investieren. (Der städtische Anteil ist zum Großteil im Kölner Haushalt vorhanden, wird aber nicht gezielt eingesetzt)
  • Aus dem Sondertopf entstehen u.a. 2.000 neue, bezugsfertige Sozialwohnungen pro Jahr. In den nächsten fünf Jahren also 10.000.
  • Daraus wird auch ein städtisches Förderprogramm für preisgedämpften Wohnungsbau für jungen Familien, Menschen mit mittlerem Einkommen, alternative Wohnformen oder innovative Modelle wie das Mietshäuser-Syndikat aufgelegt.
  • Druck auf die NRW-Landesregierung zur Erweiterung eines Wohnraumförderprogramms der NRW.Bank für zinsverbilligte, günstige Darlehen – insbesondere für gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen und Genossenschaften.
  • Digitalisierung wird endlich konsequent umgesetzt, um Planen und Bauen zu erleichtern und massiv zu beschleunigen – es muss wieder das Gefühl vermittelt werden, dass Wohnungs(aus)bau erwünscht ist.
  • Kauf von Grundstücken wird finanziell unterstützt, wenn dort Sozialwohnungen entstehen.
  • das geplante Bundesgesetz zur Einführung einer „neuen Wohngemeinnützigkeit“ (Steuerliche Förderung oder Zulagen für Investoren, die sich im Gegenzug auf dauerhaft günstige Mieten verpflichten) wird begrüßt.
  • Miet- und Belegungsbindungen ankaufen, damit Sozialwohnungen auch nach Ablauf der Frist Sozialwohnungen bleiben.
  • Städtische Grundstücke günstiger verkaufen oder über Erbpacht vergeben, wenn dort günstige Wohnungen entstehen; Konzeptvergaben nach sozialen, ökologischen und städtebaulichen Vorgaben.
  • Dauerhafte Zweckentfremdung von Wohnraum effizienter verfolgen und ahnden.
  • Wohnungsaufsicht stärken, um Verwahrlosung von Quartieren durch Heuschrecken im Wohnungswesen zu bekämpfen.
  • Die GAG Immobilien AG als größte Vermieterin in Köln in ihrer sozialen Verantwortung für den Wohnungsmarkt stärken.
  • Kooperation der Stadt, insbesondere mit gemeinwohlorientierten Unternehmen und Genossenschaften, ausbauen, die für stabiles, sicheres Wohnen, faire Mieten stehen.
  • Bürgschaften für kommunale Wohnungsbauunternehmen, Entwicklungsgesellschaften und gemeinwohlorientierte Genossenschaften geben.
  • In die Wohnungsgesellschaft der Stadtwerke Köln (WSK) investieren für mehr Werkswohnungen für Mitarbeiter*innen der Stadt und Stadtwerke.
  • Private Grundstücke ankaufen, damit dort Wohnungen entstehen können.
  • Weitere Milieuschutzsatzungen – wo immer notwendig – beschließen und schnell umsetzen.
  • Für das Ziel, die Obdachlosigkeit bis 2030 abzuschaffen, ausreichend Plätze in menschenwürdigen Obdachloseneinrichtungen, Sozialhäusern und Gewährleistungswohnungen schaffen.
  • Ein vorbeugendes, niederschwelliges psychologisches, medizinisches, sozialarbeiterisches Intensiv-Betreuungsangebot der Stadt sorgt dafür, obdachlose Menschen wieder wohnfähig zu machen. Das können Wohnungsunternehmen nicht leisten. Ohne diese Unterstützungsangebote können negative Folgen sowohl für Bewohner*innen als auch die Nachbarschaft und ganze Siedlungen entstehen. Zwangsräumungen sind künftig grundsätzlich zu vermeiden gemäß der Leitlinie, dass es zehnmal so teuer ist, einen Obdachlosen wieder in eine Wohnung zu bringen, als hilfsbedürftige Menschen durch gezielte Unterstützung in Wohnungen zu halten.
  • Die Aufteilung auf drei für Obdachlosigkeit zuständige städtische Verwaltungsgliederungen (Amt 50; Amt 56 und Wohnungsversorgungsbetriebe) Anfang der 2000er Jahre war ein großer Fehler, der korrigiert werden muss. Wieder Konzentration der Zuständigkeiten in eine Hand.
  • Netto-Null-Versiegelung bei der Schaffung von mehr Wohnraum; Sanierung und Ausbau von Bestand mit absoluter Priorität.

Inhaltliche Vorlage meiner Positionierung lieferte dieses Resolutionspapier.

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